Thomas Vaucher

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Interview auf www.rezi-online.de

Interview geführt von Cornelia Bruno im Auftrag von www.rezi-online.de. Das Interview ist ebenfalls nachzulesen unter rezi-online oder dem Blog von Cornelia Bruno.

Hallo Herr Vaucher,
es freut mich sehr, daß Sie sich die Zeit für ein kurzes Interview nehmen. Ich hoffe, Sie sind gut in das neue Jahr gerutscht.


Danke der Nachfrage, ja, ich bin sehr gut im neuen Jahr gelandet und gespannt auf Ihre Fragen.

Mit dem neuen Jahr wären wir auch schon bei meiner ersten Frage. Was planen Sie für das neue Jahr, wird es ein neues Buch von Ihnen geben und wenn ja, wovon wird es handeln?

Ja, ich bin im Moment als Autor an drei Projekten dran. Einmal ist da ein neues Buchprojekt zu nennen, für welches ich gerade Recherchen betreibe und auch schon einige Seiten geschrieben habe. Es behandelt ein weiteres Stück eidgenössischer Geschichte, den Konflikt der Eidgenossen mit einer anderen europäischen Großmacht, dem mächtigen Herzogtum Mailand. Obschon es keine Fortsetzung von meinem historischen Roman „Der Löwe von Burgund“ ist, schließt es thematisch und zeitlich an dieses Werk an und einige Personen, die im Löwen von Burgund eine Rolle inne hatten, werden Gastauftritte im neuen Werk haben. Dieses Buch wird aber frühestens 2012 erscheinen.
Dann arbeite ich an der Fortsetzung der Heftromanserie „Drei Welten – ein Feind“ vom Arcanum Fantasy Verlag. Dabei handelt es sich um eine Fantasy-Serie auf der Grundlage der germanischen Mythologie. Der nächste Heftroman von mir in dieser Serie erscheint im Herbst 2011 (der ist schon geschrieben) und trägt den Titel „Heimdalls Vermächtnis“. Weitere Hefte sind fürs Jahr 2012 geplant und sind momentan in Arbeit.
Und drittens recherchiere und schreibe ich die Geschichte für ein historisches, regionales Musical (eine Geschichte aus den 1960er Jahren), das im Jahr 2013 auf die Bühne kommen soll.

Aus Ihrem Portrait sowie Ihrem Website-Auftritt geht hervor, daß Sie sehr vielseitig orientiert sind. Sie sind Lehrer, Autor, Bandmitglied einer Heavy Metal Band und Sie schauspielern - ganz schön viel für eine Person! Was von alledem macht Ihnen am meisten Spaß? Wo liegen Ihrer Meinung nach Ihre Stärken und Schwächen?

Mir machen alle diese Sachen unglaublich viel Spaß, weswegen ich mich nicht für eine dieser Sparten entscheiden möchte. Ich hoffe, ich werde nie das eine wegen dem anderen aufgeben müssen. Meine Stärken diesbezüglich sind, dass ich mich sehr gut auf eine Sache konzentrieren kann. Wenn ich ein Theaterprojekt verfolge, dann stecke ich in dieser Zeit den musikalischen und den schriftstellerischen Bereich etwas zurück, wenn ich eine intensive Zeit mit meiner Band habe, vernachlässige ich das Schreiben und das Theaterspielen und wenn ich intensiv an einem Buch arbeite, treten die anderen Sachen etwas in den Hintergrund. Immer präsent ist natürlich aber mein Hauptberuf, das Lehren in der Grundschule. Als Schwäche wäre sicher zu nennen, dass ich mir manchmal etwas zuviel vornehme und am liebsten mehr machen würde, als möglich ist. Da muss ich mich manchmal selbst etwas bremsen.

Wie Sie selbst sagen fasziniert Sie das Mittelalter und das Fantasy-Genre schon seitdem Sie ein Kind waren. Wie kam es dazu? Gab es bestimmte Faktoren oder wurden Sie durch Ihre Eltern an das Mittelalter heranführt?

Nein, meine Eltern haben mich nicht daran herangeführt, aber sie haben auch nicht versucht, mich davon abzubringen. Ich war einfach als Knabe schon von Rittern, Kämpfen und epischen Schlachten fasziniert, wie viele andere Kinder auch. Nur ist bei mir die Faszination mit dem Erwachsenwerden nicht verschwunden sondern geblieben. Geändert hat sich einzig, dass aus der verklärten Heldenfaszination eine kritischere Sichtweise für das Leben des Mittelalters wurde. Die Ritter waren nicht so edel, die Kriege nicht so glorreich und die Liebe nicht so märchenhaft wie man sich das als Kind vorstellt.

„Der Löwe von Burgund“ handelt vom Aufstieg und Fall des Burgundischen Reiches. Wie kamen Sie gerade auf dieses Thema und was fasziniert besonders daran? Wie kamen Sie auf die beiden Berner Soldaten?

Als ich 1995 den Film Braveheart im Kino gesehen hatte, dachte ich mir beim Verlassen des Kinosaales, dass nicht nur die Schotten sondern eigentlich auch die Schweizer (und die meisten anderen Nationen natürlich auch) über ähnlich spannenden Geschichtsstoff verfügen, der einen guten Film abgeben würde. Im Hinterkopf hatte ich schon damals die Schlachten zwischen den Eidgenossen und Karl dem Kühnen bei Grandson, Murten und Nancy. Es blieb damals bei dem Gedanken und erst im Jahre 2004 nahm ich ihn wieder auf, nachdem es immer noch keinen Film über Karl den Kühnen und die Eidgenossen gab. Also beschloss ich, selbst etwas zu machen. Da mich das Schreiben seit Kindestagen fasziniert, ebenso wie das Thema Mittelalter selbst und für mich als Schweizer mit dem Konflikt zwischen Karl und den Eidgenossen auch ein Identifikationspunkt gefunden wurde (ich bin in der Nähe von Grandson und Murten aufgewachsen, wo ein Grossteil der Geschichte spielt), war die Sache dann schnell entschieden, so dass ich dieses Thema für meinen ersten historischen Roman ausgewählt habe.
Die beiden Berner Soldaten habe ich erfunden, da es mir wichtig war, den Krieg nicht nur aus der Sicht der Adligen zu schildern, sondern eben auch aus der Perspektive der normalen Soldaten. Da die Schicksale der gewöhnlichen Sterblichen nicht überliefert sind, musste ich die beiden Berner halt erfinden …

Sie schreiben sowohl Romane als auch Kurzgeschichten. Würden Sie sagen Kurzgeschichten zu schreiben ist einfacher?

Ja, von mir aus gesehen definitiv. Ich schreibe auch sehr gerne Kurzgeschichten, da man da sehr schnell auf den Punkt kommen kann, etwas das mir sehr liegt. Des Weiteren liebe ich es, den Schlusssatz eines Textes zu schreiben und bei Kurzgeschichten kommt man einfach viel schneller dahin, als bei einem Roman ;-). Oftmals habe ich auch schon bei Romanen den fertigen Schluss im Kopf und muss mich dann sehr lange gedulden, bis ich ihn endlich auf Papier bannen kann.
Bei Romanen ist natürlich die ganze Figurenentwicklung und Charakterisierung komplexer, wie auch der Plot, der vielschichtiger und verzwickter sein sollte. Das kann bei Kurzgeschichten schon um einiges linearer sein. Außerdem braucht man fürs Schreiben eines Romans viel mehr Ausdauer und Hingabe, als beim Verfassen einer Kurzgeschichte. Alleine die mehrfache Überarbeitung eines mehreren hundert Seiten langen Romans kann einen bisweilen an den Rand der Verzweiflung führen. Da hat man es mit Kurzgeschichten etwas einfacher: Schnell geschrieben und schnell überarbeitet.

Die Figuren aus Ihrem Roman scheinen bis auf die Berner Soldaten historisch belegt? Macht es Ihnen Spaß fiktive Figuren zu erschaffen und spielen dabei auch Ihnen bekannten Personen eine Rolle, was Verhalten oder Aussehen betrifft?

Die meisten Hauptfiguren des Romans sind tatsächlich historisch belegt (im Anhang des Buches findet sich ein Personenverzeichnis, welches Aufschluss darüber gibt, wer historisch und wer fiktiv ist). Was mir sehr viel Spaß bereitet, ist, einer historischen Person, über die nicht viel bekannt ist, einen fiktiven Hintergrund zu verpassen oder einzelne, lose und ungenaue historische Fakten miteinander zu verweben oder neu zu interpretieren. Das ist sehr spannend.
Doch, um auf Ihre Frage zurückzukommen: Natürlich macht es mir auch Spaß, selbst Figuren zu erfinden und zu entwickeln. Man kommt natürlich auch bei einem historischen Roman nicht um fiktive Figuren herum.
Was das Aussehen von Figuren betrifft, so versuche ich, nie Personen aus meinem Umfeld als Vorlage zu benutzen. Manchmal suche ich mir im Internet oder in Bildbänden Fotos oder Bilder von mir unbekannten Personen, die auf meine Vorstellung der Figuren passen und beschreibe sie dann anhand dieser Bilder.
Was allerdings zuweilen einfließt, sind Sprüche oder persönliche Erlebnisse und Erfahrungen, die ich gemacht habe. Das lässt sich fast nicht umgehen. In jedem Roman steckt ein Teil der Persönlichkeit des Autors mit drin.

Werden Sie in Zukunft am Mittelalter festhalten oder planen Sie auch Romane mit anderer Thematik?

Ich habe kürzlich feststellen müssen, dass sich so was nicht unbedingt planen lässt ;-). Ich hatte mir den Vorsatz genommen, den nächsten Roman nicht im Mittelalter spielen zu lassen, damit ich mich selber nicht kopiere. Ich habe dann lange nach einem neuen Thema gesucht und eines gefunden, bei welchem ich aber nicht so richtig auf Touren kam. Plötzlich bin ich per Zufall auf ein Stück Mittelaltergeschichte gestoßen, das mich wieder so richtig gepackt hat. Ich hatte keine Chance mich dagegen zu wehren, das Thema für das nächste Buch war beschlossene Sache. Das Thema hat mich gewählt, nicht umgekehrt ;-)
Also spielt der nächste Roman wieder im ausklingenden Mittelalter, doch ich habe mittlerweile auch einige Ideen für andere Themen, Zeiten und Gebiete. Ich habe eine weitere Idee zu einem historischen Piratenroman aus dem 18. Jh. und beinahe den kompletten Storyplan für einen phantastischen Thriller, der Ende des 19. Jh. spielen soll. An Ideen für zukünftige Projekte mangelt es also nicht.

Abschließend möchte ich Ihnen auch im Namen von Rezi-Online für die Zukunft alles Gute wünschen. Wir hoffen auch weiterhin von Ihnen zu lesen! Vielen Dank!

Herzlichen Dank für die Gelegenheit, mich hier vorstellen zu dürfen und für die interessanten Fragen. Allen Lesern wünsche ich viele spannende und gemütliche Lesestunden!